Drei Jahre in (fast) 1000 Worten

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Es war einmal in einem anderen Universum, da war ein Schreiber dessen Feder in den letzten drei Jahren täglich neue und gefeierte Artikel entsprangen. Er lebte in Reichtum und Überfluss bis ihn sieben betrunkene Zwerge für seine Lügen vermöbelten. Das Ende.
Zurück in der Wirklichkeit, wer kann sich noch an diesen Artikel erinnern. Ich beinahe schon nicht mehr. Zwischen diesem 3. Oktober 2012 und dem heutigen Tag hat sich viel Neues in Sachen Debian zugetragen, Zeit das ganze Mal Revue passieren zu lassen. Damals wollte ich endlich aktiv zum Beseitigen von Bugs und Fehlern in Debianpaketen beitragen und der Zeitpunkt war günstig, da Debian 7 "Wheezy" gerade eingefroren worden war, die Fehlerbeseitigung oberste Priorität hatte und es nur noch ein paar Monate bis zur nächsten Veröffentlichung dauern konnte. Dachte ich zumindest.
Der sogenannte "Freeze" zog sich zehn Monate hin und erst am 4. Mai 2013 war es endlich soweit und Wheezy wurde die neue stabile Version von Debian. Die lange Wartezeit hängt mit Debians Philosophie zusammen nur dann zu veröffentlichen "wenn es fertig ist", will heißen, alle veröffentlichungskritischen Fehler müssen behoben worden sein und dieser Ansatz gilt darüber hinaus noch für alle Pakete. Selbst eher unscheinbare Software konnte also die Veröffentlichung verzögern. Ehrlich gesagt, ab Januar 2013 war es selbst für die meisten Debianentwickler kaum noch möglich die Probleme zu lösen, ohne dabei weitreichende Entscheidungen wie das komplette Entfernen eines Pakets zu treffen. Es machte sich etwas Unmut breit und wieder einmal kamen die alternativen Modelle Debian zu veröffentlichen ins Gespräch.
In Anbetracht dieser eher außergewöhnlichen Wartezeit hat Debians "Release Team" ein paar Veränderungen auf den Weg gebracht. Es gibt nun einen neuen Automatismus, wobei "unbedeutende" Softwarepakete (sogenannte leaf packages) automatisch aus der Testing-Distribution entfernt werden, wenn veröffentlichungskritische Fehler nicht in einem bestimmten Zeitraum repariert worden sind. Handelt es sich dabei um Bibliotheken können auch ansonsten fehlerfreie Pakete, die von diesen abhängen, ebenfalls entfernt werden. Dadurch erhöht sich natürlich der Druck für Betreuer auch die Software in Schuss zu halten, von der das eigene Paket abhängt. Zum anderen können einzelne Maintainer das gesamte Projekt dadurch nicht mehr in "Geißelhaft nehmen" und somit die Veröffentlichung verzögern.
Mitte 2013 war ich schon seit einigen Monaten Mitglied im Debian Games Team. Ausschlaggebender Grund, warum ich gerade hier den Einstieg gewählt habe, war mein Interesse an freien Spielen, mein Projekt linuxiuvat.de war damals erst einige Monate alt, sowie der Wunsch aktiv in Form von Debianpaketierung mitzuhelfen. Außerdem, wenn man frei entscheiden kann, sind Spiele sicherlich nicht die langweiligste Freizeitbeschäftigung. Leider klappte es innerhalb des Teams nur äußerst selten mit dem sogenannten Sponsoring, also dem Sichten von eingebrachten Verbesserungen und dem Hochladen der Softwarepakete. Immer wieder war ich auf "externe" Debianentwickler angewiesen. Mein besonderer Dank gilt hier insbesondere Adrian Glaubitz, Tony Mancill, Emmanuel Bourg, Miguel Landaeta, Guido Günther, Vincent Cheng, Gregor Herrmann und vielen, vielen weiteren, die meine Pakete begutachtet und schließlich hochgeladen haben.
Des weiteren verschlug es mich in das Debian Java Team, anfänglich weil ich "Sponsoren" für Mediathekview und dessen neue Abhängigkeiten suchte, später weil mir der freundliche Umgangston gefiel und ich viel Neues in Bezug zu Java und Debianpaketierung dazulernen konnte.
Schnell begann ich immer mehr Pakete zu betreuen. Einen guten Überblick, was ich gerade so für Debian mache, liefert diese Paketübersicht oder speziell für den Bereich "Debian Games" diese Statistik. (Hier ist also die Zeit fürs Bloggen flöten gegangen...) Die meisten Pakete pflege ich bis heute innerhalb der bereits genannten Teams, weil sich dadurch Synergieeffekte ergeben und es einfach mehr Spaß macht. Dringend gebraucht werden mehr aktive Mitglieder, das gilt sowohl für das Spiele- als auch das Java-Team! Einige verwaiste und notleidende Pakete habe ich auch übernommen darunter Mediathekview, wbar, Xarchiver, Osmo und iftop.
Mit debian-games habe ich den ersten Schritt zu einem "Debian Pure Blend" gemacht. Ich fand es schon immer recht mühselig Spiele für eine bestimmte Zielgruppe oder Kategorie zu finden und diese Metapakete (Tasks) machen es einfach sich sämtliche Strategie-, Schach- oder Kartenspiele bequem auf den Computer zu installieren.
Bei all den Ideen, die ich hatte und bei all der Arbeit, die ich meinen Sponsoren dadurch machte, war es nur konsequent, dass ich mich als Debian Maintainer (DM) bewarb, nachdem zuvor mein GPG-Schlüssel von zwei Debianentwicklern, Anselm Lingnau und Christoph Martin, signiert worden war. Im November 2013 war easymock das erste Paket, das ich eigenständig hochladen durfte. Ein spektakulärer Prozess, der ungefähr 1,2431 Sekunden gedauert hat, da EasyMock nicht besonders groß ist. Nach und nach erhielt ich Upload-Rechte für mehrere Dutzend weitere Pakete. Ein Jahr später ging ich dann den nächsten Schritt. Ich bewarb mich als Debianentwickler (DD). Während DMs nur solche Pakete hochladen können, für welche sie entsprechende Rechte von DDs bekommen haben, können Debianentwickler alle Pakete hochladen und an wichtigen Abstimmungen teilnehmen. Sie sind offizielle Projektmitglieder. Die Gerüchte sind wahr, der Auswahlprozess dauert lange und ist mit lebensgefährlichen Prüfungen gespickt. 😉
Im Oktober letzten Jahres war es dann soweit und nun bin ich Debianentwickler. Ich bin immer noch hauptsächlich im Java- und Spielebereich aktiv, jedoch gibt es auch andere Teams, bei denen ich mitwirke. Im letzten Jahr war ich Debian-Mentor für ein Google-Summer-of-Code-Projekt im Android-Bereich, dass sich gut mit Java verbinden ließ. Dieses Jahr werde ich auch wieder als Mentor dabei sein. Darüber bin ich in Kontakt mit dem Guardian Project gekommen, für welches ich apktool und android-platform-tools-base nach Debian gebracht habe. Dies war meine erste bezahlte Arbeit für Debian, über die ich in Kürze noch ein paar mehr Worte verlieren möchte.
Zu guter Letzt bin ich auch Mitglied im Debian Long Term Support Team, wofür ich letzten Monat dank der Sponsoren 11,25 Stunden arbeiten durfte. Auch hier folgt bald ein Bericht. Nicht wundern, wenn Artikel nun ab und zu auch in Englisch erscheinen, da dies die einzige Möglichkeit ist alle Debianentwickler und -freunde zu erreichen. Oder wie es ein Freund ausdrückte, manche meiner alten Artikel seien zu "hardcore". Wie kann man nur cowbuilder, eatmydata und ccache nicht mögen. 🙂
Ich habe mir auch fest vorgenommen wieder über "alte Hardware" zu bloggen. Versprochen ist versprochen.

9 Replies to “Drei Jahre in (fast) 1000 Worten”

  1. Hallo apo,
    schön, dass du wieder bloggst!
    Ich freue mich schon auf ein paar schöne Artikel zu Debian und alter Hardware.
    Die englischsprachigen Artikel wirst du wahrscheinlich nicht über den OSBN verbreiten, ich müsste also direkt deinen Feed abonnieren, korrekt?
    Gruß
    Julius

    1. Hi Julius,
      ich glaube du brauchst keinen weiteren Feed abonnieren, weil jeder meiner Artikel über das OSBN erscheint. Ich hoffe einfach mal das sich niemand von den englischen Beiträgen gestört fühlt, aber es wird alles nur zum Thema Freie Software und Open Source sein, von daher denke ich passt es zur Zielgruppe von OSBN.

      1. So lange der OSBN in der Mehrheit deutschsprachig bleibt, ist aus meiner Sicht nichts dagegen einzuwenden – wieso bloß der Sprache wegen interessante Artikel verpassen?
        Leider steht in den Regeln des OSBN etwas Anderes: https://osbn.de/mitmachen/
        Ich will dir absolut nicht auf die Füße treten, sondern sehe einfach nur ein potentielles Problem – aber vielleicht lässt sich die Regel ja von offizieller Seite etwas aufweichen bzw. relativieren oder anders auslegen?

        1. Verstehe, danke für den Hinweis. Die Regel kannte ich nicht. Leider weiß ich gar nicht mehr genau, welchen Feed das OSBN abgreift. Ich vermute es ist der allgemeine WordPress-Feed https://www.gambaru.de/blog/feed/. Ich werde mich mal im dortigen Forum umhören, wie sich das am besten lösen läßt.

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