Eher durch Zufall schaute ich am 15. Mai, zwecks Vorstellung einiger Spieleseiten für Linux, wieder einmal bei Codeweavers vorbei, die ja bekanntlich 50 % des Codes zu Wine beisteuern.
Gerade an diesem Tag feierte das Unternehmen seinen 15. Geburtstag und hatte das Crossover Bundle für einen Sonderpreis im Angebot.
Ich konnte nicht widerstehen und wollte vor allem das darin enthaltene Crossover Games einmal ausprobieren. Im Prinzip handelt es sich hier um ein modifiziertes Wine, was vor allem die Installation und Deinstallation vereinfachen und die Integration in den Desktop verbessern soll.
Sehr angenehm war das vorgefertigte .deb Paket, welches sich mit dpkg -i
schnell installieren ließ. Bevor man sich überhaupt zum Kauf entscheiden muss, bietet Codeweavers eine einwöchige Probephase mit dem Programm an, in der alle Fähigkeiten der späteren Vollversion ausprobiert werden können.
Erst nach dem Kennenlernen muss das Produkt aktiviert werden, wozu es nach dem Kauf genügt Emailadresse und Passwort für den bei Codeweavers hinterlegten Account anzugeben.
Nach der Installation erscheint ein neues Menü für die Software von Codeweavers, aus welchem sich heraus das spezielle Setupprogramm zur Installation von Windowsspielen aufrufen lässt.
Auffallendstes Merkmal dabei sind die sogenannten Flaschen, mit denen sich eine Softwareinstallation sauber trennen lässt. Für ein und dasselbe Spiel lassen sich so verschiedene Konfigurationen definieren.
Crossover Games unterscheidet zwischen offiziell durch Codeweavers unterstützten und von der Wine-Community betreuten Spielen. Die offiziellen Spiele erhalten vollen Support durch den Kundendienst des Unternehmens und stehen im Fokus der kontinuierlichen Verbesserung des kommerziellen Produkts, womit schließlich auch auch dem Open-Source-Programm Wine entscheidend geholfen wird.
Ich installierte zum Test Steam und Starcraft II. Ersteres war eine "One-Click" Erfahrung. Steam im Menü auswählen, installieren klicken, der Rest funktioniert automatisch. Kein Herumschlagen mit winetricks oder Suche nach dem passenden Installations-HowTo. Es klappte einfach.
Bei Starcraft II musste ich wie schon bei der reinen Wine Installation die DVD manuell mounten, damit die versteckten Verzeichnisse sichtbar wurden. Crossover weist einen aber auf den richtigen Befehl hin.
Danach kam die Installation nicht in Gang und erst nachdem ich die komplette DVD wieder in ein Verzeichnis auf die Festplatte kopiert hatte, klappte es schließlich.
Sollte der lange dauernde Updateprozess zwischenzeitlich abbrechen, genügt es den Starcraft II Prozess zu killen und Crossover neuzustarten.
Im Vergleich zu meiner ersten Installation mit Wine und Ubuntu 10.04 fiel mir noch auf, dass das Intro während der Installation erfreulicherweise weiterlief.
Die Performance von Starcraft II ist besser, was aber mehrere Ursachen hat. Zum Ausprobieren habe ich Debian Sid (32 bit) in einer Minimalinstallation installiert. Außer Openbox, Alsa, kleineren Hilfsprogrammen, dem brandneuen 2.6.39 Kernel und den aktuellen Nvidia Treibern, gibt es nichts, was das System herunterziehen könnte.
Die Startzeit von Starcraft II ist besser geworden und die knackenden Geräusche im Ladebildschirm sind ebenfalls verschwunden, was vermutlich am fehlenden Pulseaudio liegen dürfte.
Da Compiz nun ebenfalls fehlt, lässt sich damit auch die leichte Verbesserung bei den Frames erklären. Nach wie vor habe ich aber zwei spezielle Probleme, die mir erst nach Installation von Wine 1.3 aufgefallen sind.
Die Zeratul-Missionen lassen sich nicht mehr spielen. Starcraft 2 mit Crossover oder Wine stürzt hier wiederholbar ab. Ich scheine aber der Einzige zu sein, der mit diesem Problem zu kämpfen hat. 🙁
Das zweite ist der bekannte Haven-Bug, bei dem eine Haven Mission durch den "Nebel des Krieges" unspielbar wird.
Zusammenfassend heißt das: Crossover ist eine deutlich benutzerfreundlichere Version von Wine, mit der sich Spiele sauber verwalten lassen. Alle Bugs kann aber auch diese kommerzielle Wine Version nicht beheben.
Mit dem Kauf der Software erhält man übrigens Punkte, mit denen man die Weiterentwicklung von Wine und der Crossover Produkte steuern kann.
Umso mehr Punkte ein Windowsprogramm erhält, desto mehr konzentrieren sich die Entwickler darauf das Fehler beseitigt werden und wissen somit auch, wo die Prioritäten der Wine-Anwender liegen.
Ich denke, wenn man nicht gerade selbst Unmengen Code zum Wine Projekt beisteuert, ist die Kaufversion von Codeweavers ein guter Weg das Projekt zu unterstützen.